Bild © Roland R. Noetzelmann
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TEIL 2
Traum 245

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TRAUM 425

Draussen von ALDI komm ich her
und muss euch sagen: die Regale sind leer.
Wie kommt das bloss? Wer kauft so viel?
Der Mann aus Bonn, die Frau aus Kiel?

Tief hinten im Lager, da stieg ich herum
und suchte wie blöd - jetzt bin ich ganz krumm.
Mein Rücken, der knirscht, es brennt jedes Bein -
bei ALDI da kauf ich bald garnicht mehr ein!

Dann fuhr ich zu EXTRA, zu SPAR und COMET.
Ich drohte und schimpfte, ich habe gefleht -
vergeblich, umsonst. Es hat keinen Zweck.
Es gibt nichts, vorbei - es ist alles weg.

Ich fragte im Rathaus, da war nur ein Kind.
Es sass auf 'nem Brotkorb und schrie in den Wind.
Der Wind wehte laut, er wehte sehr stark
und wirbelte tösend mich rüber zum Park.

Ich konnte nicht bremsen und flog wie ein Pfeil
durch Ast und Gebüsch - da sah ich ein Seil.
Es hing an dem Bauch von Wachtmeister Mord,
das konnte ich packen und zog ihn mit fort.

Wir flogen nach Norden, doch hinter Berlin
ergoss eine Wolke ihr Super-Benzin
über mich, über Mord, seinen Bauch und das Seil -
wir stürzten hinab auf 'nem Bettkantenkeil.

Es gab nichts zu kaufen, ich sagte es schon,
so suchte ich abseits ein Telefon.
Ich fand nur ein Handy, der Akku war leer.
Ich hörte nur immer: "Kein Anschluss mehr".

Der Regen nahm zu, es stürmte und goss,
bis Hänsel dem Wolf in die Kinnlade schoss.
Frau Holles Betten gerieten in Brand,
als ich dann endlich die Streichhölzer fand.

Verwundert erblickte Ich Mord, wie er kroch,
auf dem Bauch, auf den Knien, durch ein Schubladenloch.
"Na, jetzt wird es lustig - jetzt wird es schön",
schoss mir's durchs Gehirn. "Jetzt fehlt nur noch Föhn."

Statt dessen fehlt Zucker, fehlt Wurst, fehlt auch Brot.
Statt dessen da leidet die Welt grosse Not.
Statt dessen da riss mich der Dax mit hinaus.
Statt dessen da frass mich der Zins gänzlich auf.

Stockduster ist's hier im Magen der Bank -
und sei deine Habgier auch noch so blitzblank.
Ich weinte und tobte, verzweifelte schier.
Wo war Meister Proper? Nur Dreck gab es hier.

Es weinte Herr Jäckel, es lachte Herr Haid.
Sie alle, und noch mehr, sie waren es leid.
Sie sassen und knurrten, sie zischten mich an,
was ich denn hier wolle, wär' ich Supermann?

Von draussen, von ALDI, da käme ich her
und ich sagte es ihnen: "Die Regale sind leer".
Ich wolle nur essen, ich wolle nach Haus -
da spuckte der Zins angeekelt mich aus.

Ich ging dann zum Hafen und fand dort ein Schiff,
das schaukelte lang schon auf globalem Riff.
Der Steuermann sagte, sein "Gross Kapitän",
der säss in der Hölle, der könnt' nix mehr seh'n.

Zwei hungrige Kinder, ganz schwarz und ganz klein,
die luden mich dann auf dem Friedhof ein
zu Dollargemüse und Eurobrei.
Mir wurde ganz übel. Ich kotzte dabei.

Ich fand mich dann wieder, ganz nackt und ganz bloss,
in Vera's und Sonja's fruchtleerem Schoss.
Durch öldunkle Wolken drang langsam ein Licht.
Ich erwachte ganz plötzlich. Ich schlafe doch nicht?!

© Roland R. Nötzelmann


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