| Herr der Geschichte
Der Götzen, die im Lauf der Geschichte mit Gott die Herrschaft zu teilen oder Gott die Herrschaft streitig zu
machen Anspruch erhoben haben, sind so viel, daß man sie nicht aufzählen kann. Jeder große Götze einer Zeit ist umgeben von einer Wolke von kleinen. So marschiert das Heer der Götzen durch die Zeiten gegen Gottes Herrschaft an. Aber der Gott der Bibel antwortet, indem Er von Zeit zu Zeit in die Zügel der Geschichte greift und die Götzen einer ganzen Jahrhundertfolge von ihren Thronen wirbelt. Der ganze Weg der Menschheit ist von diesen jähen Eingriffen Gottes besät mit gestürzten Götzen. Vor allem in Zeitenwenden, wie wir sie heute durchmachen, offenbart der Gott der Bibel, daß alle Götzen der Menschheit, mögen sie noch so groß und gewaltig sein, dem Gericht der Geschichte und des Todes unterliegen. In solchen Zeiten türmt sich förmlich der Haufe der Scherben von zertrümmerten Gottesvorstellungen und der Berg der Leichen von Götzen, vor denen die Menschheit gestern noch auf den Knien lag.
Wie war doch das Gericht über Nacht da! Man fand sich manchmal nicht mehr zurecht, wenn
Ideen, gegen die man jüngst noch kämpfte, spurlos von der Bildfläche verschwanden, und die Massen den Namen, denen sie gestern noch huldigten, mit einem Mal fluchten, mit derselben Überzeugungskraft sich zu neuen Parolen bekannten, als hätten sie sich immer dazu bekannt. Auf dem Gebiet der Kunst und des Geisteslebens, der Wirtschaft und Politik, sogar auf dem Gebiet der Weltanschauung und Religion - Berge von geborstenen Götzen! "Mehrheit", "Gleichheit", "Menschheit" auf der einen Seite; "Individualismus", "Lebensgenuß", "Recht auf hundertprozentiges Leben", "Recht auf Selbstverwirklichung", "Persönlichkeitskultur", "Ungebundenheit", "Erotik" und so weiter auf der anderen - die alle Gebiete des Lebens bis in Ehe und Familie, Staat und Autorität hinein zerstörten; der Götze "Vernunft" im Geistesleben, vor dem alles, was ist, erst seinen Anspruch auf Dasein erweisen mußte, sogar in der Wissenschaft vom Übervernünftigen, der Theologie, erst recht in den Naturwissenschaften.
Ein dreifaches erweist der Herr der Geschichte in solchen Zeitenwenden: 1. daß die Götzen keine Weissagung haben, das heißt blind vor der Zukunft stehen und ihre Anhänger dem Dunkel der Zukunft in Rausch oder Angst entgegentaumeln lassen; 2. daß die Götzen keine Deutung für Schöpfung und Geschichte in Vergangenheit und Gegenwart besitzen und darum ihre Anhänger um den Sinn
des Lebens betrügen; 3. daß die Götzen keine eigentliche Wirkung haben und darum ihre Anhänger ohne Kraft und Hilfe vor den letzten Auseinandersetzungen des Lebens im Stich lassen.
Von Hellmuth Frey Die Texte von Hellmuth Frey sind folgendem Buch entnommen: Hellmuth Frey: "Das Buch der Weltpolitik
Gottes - Kapitel 40-55 des Buches Jesaja", erschienen im Calwer Verlag, Stuttgart, Band 18 der "Erläuterungen alttestamentlicher Schriften" ebd. |